Die Psychologie der Partnerwahl

In welcher Situation kann man das Balzverhalten des Homo sapiens besser beobachten, als beim Speeddating? Beziehungsforscher der Humboldt-Universität Berlin nutzten diesen standardisierten Rahmen, um Männer und Frauen bei der Partnerwahl zu beobachten. 7 Männer und 7 Frauen haben jeweils 7 Minuten Zeit, das Gegenüber von sich zu überzeugen.

Ihr Fazit: Das, was Männer und Frauen sagen, was sie in einer solchen Situation suchen, hat recht wenig mit dem zu tun, wie sie am Ende wählen. Tatsächlich ist der entscheidende Faktor, vor allem bei Männern, die Attraktivität. Hohe Ansprüche haben sie dabei allerdings nicht. Ganz nach der Devise „Masse statt Klasse“ versuchen sie möglichst viele Frauen, von sich zu überzeugen. Frauen sind da wählerischer. Sie setzen beim Flirten auf Qualität. Diese Strategien resultieren unmittelbar aus der Biologie: Den etwa 400 Eizellen, die Frauen in ihrem Leben zur Verfügung haben, steht eine Armee von Milliarden von männlichen Spermien gegenüber. Die Folge: Frauen müssen haushalten.

Das Aussehen, die Stimme oder die Gene? Was die Partnerwahl wirklich entscheidet

Das Checken der äußerlichen Erscheinung ist der erste Schritt bei der Partnerwahl. Wissenschaftler haben festgestellt: Weltweit finden Angehörige verschiedener Kulturen dieselben Gesichtsmerkmale schön. Ebenmäßige und symmetrische Gesichtszüge signalisieren dem Gegenüber Gesundheit und Fruchtbarkeit und werden bevorzugt. Beim Mann zeugen kräftige Augenbrauen, ein kräftiger Kiefer und eine große Nase von einem hohe Testosteronspiegel.

Bei Frauen signalisieren volle Lippen, rosige Wangen und symmetrische Brüste Gesundheit und viele Nachkommen. Als Idealwert zwischen weiblicher Taille und Hüfte wurde der Faktor 0,7 ermittelt, die sogenannte Sanduhr-Form. Der Evolutionsbiologe Gordon Gallup von der University Albany wiederrum konnte einen Zusammenhang zwischen dem Taillen-Hüften-Verhältnis und der Stimme nachweisen. Je näher eine Frau dem Ideal kommt, desto positiver bewerteten Männer ihre Stimme im Rahmen eines Experimentes via Telefon.

Warum das Aussehen so wichtig ist, untersuchen auch Verhaltensbiologen an der Universität Göttingen. Ihre Erklärung: Wir brauchen ein simples, sehr rasches Kriterium, um die Fülle der Menschen, die wir täglich sehen zu sortieren. Eine Art Schwarz-Weiß-Malerei unseres Gehirns, die sich im Laufe der Evolution herauskristallisiert hat. Im Fokus der Untersuchungen der Forscher steht die Haut. Probanden sehen am Bildschirm Gesichter mit unterschiedlichem Hautbild. Gemessen wird, wie lange ihr Blick auf den einzelnen Gesichtern ruht. Resümierend sind die Probanden Opfer ihrer Triebe: Am längsten betrachten die Männer und Frauen die Gesichter ohne Makel. Denn ein ebenmäßiger Teint ist ein Zeichen von Jugend, Gesundheit und guten Genen – sprich: Fruchtbarkeit.

Darüber hinaus untersucht die Forschungsgruppe den Einfluss von weiblichen Hormonen auf die Partnerwahl. Die Annahme: Weiblicher Geschmack ist abhängig vom Zyklus. Und tatsächlich präferieren die Frauen im Experiment unterschiedliche Männertypen, je nach Hormoncocktail im Blut. Rund um den Eisprung bevorzugen sie robust und kräftig aussehende Männer, die durch ihr Aussehen vermitteln, dass sie bereit zur Fortpflanzung sind. Für eine richtige Beziehung suchen sie jedoch tatsächlich eher den weichen Typ.

Immer der Nase nach: Wie der Duft der Gene den Partner bestimmt

Anscheinend können wir den für uns passenden Partner am Geruch erkennen. Biologen haben hierzu einen Versuch gestartet: Sie ließen weibliche Versuchspersonen an den getragenen T-Shirts männlicher Versuchspersonen schnuppern und danach ihren Duftfavoriten wählen. Ihre Vermutung: Eine Vorliebe für einen bestimmten Körpergeruch hängt mit dem Vorhandensein bestimmter Gene zusammen. Genauer: mit den sogenannten MHC-Genen, die eine zentrale Rolle in der Immunabwehr spielen. Sexuelle Fortpflanzung und die damit verbundene Partnerwahl könnte somit einen Versuch darstellen, den Nachkommen möglichst unterschiedliche Immungene mitzugeben und dadurch ihre Widerstandskraft gegen Krankheiten zu steigern.

Und sie wurden nicht enttäuscht. Tatsächlich bevorzugten die Frauen im Experiment die T-Shirts mit dem Körpergeruch jener Männer, deren Immungene sich deutlich von ihren eigenen unterscheiden. Die Duftvariationen repräsentieren offenbar das jeweils passende „immungenetische Ergänzungsprogramm“ für den potentiellen Nachwuchs. Somit erfassen wir unbewusst, wie unser eigenes Immunsystem beschaffen ist und können am Duft erkennen, welcher potentielle Partner dazu passt.

Doch es scheint nicht der Duft allein zu sein. Biologen der Universität Turku untersuchten das Blut von 74 jungen Männern nach einer Hepatits-B-Impfung. Parallel dazu bewerteten Frauen das Aussehen der Männer. Das Ergebnis: Geimpfte Männer mit mehr Hepatits-Antikörpern und somit stärkeren Abwehrkräften wiesen auch höhere Testosteronwerte auf – und wurden von den Frauen als attraktiver eingestuft.

Das Vier-Typen-Modell – Gesellt sich Gleich und Gleich wirklich gern?

Die Anthropologin Helen Fisher der Rutgers-University, New Jersey hat Menschentypen klassifiziert. Ihr Ziel war es, daraus Ableitungen für die Partnerwahl zu treffen. Hierzu wertete sie 28.000 Datensätze aus. Das Ergebnis: Vier dominierende Charaktere kristallisierten sich heraus. Dies waren: Der Abenteurer, der Vermittler, der Entscheider und der bodenständige Typ.

Auffällig dabei war, dass Abenteuerlustige und Bodenständige jeweils den gleichen Typ als Partner bevorzugen. Aber auch Gegensätze, ziehen sich an: Vermittler und Entscheider suchen genau das Gegenteil in einer Partnerschaft. Eben die Menschen, die sie ergänzen. Ihr Fazit: Diese vier Kombinationen müssen sich in der Evolution bewährt haben.
100 Prozent Matching-Points

Warum Psychologen Dating-Seiten für untauglich halten

Online-Partnervermittlungen boomen. Laut PARSHIP suchen aktuell die Hälfte aller deutschen Singles online nach einem Partner. Während man erwartet, dass Biologen die Suche ohne Augenkontakt und Geruchserlebnis kritisch betrachten, warnen nun auch Psychologen vor dem „menschlichen Immobilienmarkt“. US-Psychologen haben Dating-Seiten wissenschaftlich untersucht und stellen die sogenannten Matching-Algorithmen, also die Analyse der Gemeinsamkeiten (Interessen, Hobbys, Wünsche, etc.), in Frage.

Diese könnten kaum den Erfolg einer Beziehung vorhersagen, so Eli Finkel und seine Kollegen von der Northwestern University in einer vorab veröffentlichten Studie im Fachblatt „Psychological Science in the Public Interest“. Ihr Fazit: Die meisten Dating-Seiten überschütten Singles regelrecht mit einer großen Anzahl potentieller Partner. Die Datensätze selbst erlauben jedoch kaum Rückschlüsse, welche Partner wirklich vielversprechend sind. Der Hauptkritikpunkt ist jedoch der fehlende Kontakt von Angesicht zu Angesicht.

Unterm Strich: Die wenigsten Menschen können rational erklären, warum sie sich genau für den einen Menschen entschieden haben. Die Wissenschaft zeigt warum: Viele der Reaktionen auf einen möglichen Partner laufen unbewusst ab und sind mit nur einem Ziel von der Natur eingerichtet: möglichst viele und gesunde Nachkommen zu zeugen. Auf Online-Angebote sollte man sich bei der Suche nicht verlassen und der Natur zusätzliche Chancen bieten. Vielleicht in der klassischen Kneipe, im Fitnessstudio oder auf einer Party – mit Vollansicht und Geruchserlebnis.

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